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Der Berg ist beim Menschen
Christa Mössmer besuchte das Werner Berg-Museum im Südkärntner Bleiburg und lernte dort eine ungewöhnliche Dimension der Ölmalerei kennen.

 

erstellt am
01. 08. 03

 
Die Landschaft prägt den Menschen, der Mensch prägt die Landschaft – bis eine Einheit entsteht, in der wir geborgen sein wollen. Der „Rutarhof“ in St. Kanzian am Klopeiner See war dieses Zuhause für Werner Berg, diesen faszinierenden Künstlers, dessen Werk weit über seine Heimat Kärnten hinaus bewundert wird. Hier entstanden seine Bilder, hier entstand ein Leben, wie er es leben wollte, mit all der Unabhängigkeit, für die es sich zu kämpfen lohnt. An seiner Seite die Frau, Amalia, die er liebevoll „Mauki“ nannte, von der Werner Berg sagte: „Meine Frau war die starke, reale und seelische Kraft dieses Lebens.“ Diese reale, starke Kraft ist spürbar in seinen Bildern, in seinen Farben, in seinen Strichen. Nichts Verzärteltes, nichts Durchscheinendes, nichts Pastoses. Alles ist abgedeckt ohne aber seine innere Leuchtkraft zu verlieren. Das ist das Faszinierende, das Anziehende in seinen Bildern. Die bäuerliche Kraft, Schwermut, Ernsthaftigkeit, die Ruhe der Landschaft, alles hat seinen Platz.

 

Sonnenblumen

Sonnenblumen (75x120cm) – »Auch hier ist das Motiv ganz aufgesogen von dem Rhythmus und der Farbigkeit der Sonnenblumen, die wir auf dem Feld anbauen, fruchttragend, die dann auch immer wieder in der Malerei vorkommen« (W. Berg)


Der Berg ist beim Menschen, der Mensch ist beim Berg. Sie sind eine Einheit. Nichts verliert sich in seinen Bildern. Wie aufgehoben, dazugehörend, ob bei Tag oder Nacht, ob im Sommer oder Winter. Die Farbe umhüllt den Menschen wie die Landschaft. Werner Berg sagte dazu: „Soviel mir die Landschaft bedeutet und so sehr mich die Blumen freuen, ist doch der Mensch im Mittelpunkt meiner Darstellung – eigentlich das Thema meiner Malerei.“ Ob in seinen Ölbildern, Graphiken oder Skizzen, die Darstellung des Menschen als Mittelpunkt ist spürbar. Nicht aber das Schöne, das Un- oder Übernatürliche wird aufgespürt, sondern der Ausdruck, die Mitteilung des Inneren, die Sorglosigkeit und der Schmerz des Seins, die Stille im Menschen. All das leuchtet einem entgegen und man empfindet, was Werner Berg beschrieb: „Jeder hat eine Klangfarbe in sich und das Nächtliche bewegt mich ganz besonders.“

Mit Werner Berg kann man dem Nächtlichen getrost begegnen. Die Nacht verliert unter seinem Pinsel ihren Schrecken, von dem so viele geplagt sind. Ruhend liegt bei Werner Berg die Nacht, zum Verweilen einladend, mit ihrem Licht des Mondes, mit dem hellen Schnee, mit der Laterne auf der Straße, mit den beleuchtenden Fenstern oder offenstehenden Türen, aus denen Licht hinausdrängt in das tiefe Blau der Nacht.
     
Das Idyllische und Romantische ist nicht spürbar durch ein Heideröslein auf der Wiese mit Rehlein am Waldesrand, sondern, wie Werner Berg betonte, „durch das Scharfe und Groteske,
Mann mit Pferd und Schlitten

Mann mit Pferd und Schlitten, 1933
das der Romantik gegenübertritt, ja zuweilen die Unheimlichkeit hervorhebt“. Dadurch kommt das Idyllische und Romantische zum Vorschein. Eine der Landschaft angepaßte Romantik und Idylle. Nichts Gekünsteltes. Der „Mann mit Pferd und Schlitten“ bildet eine Symbiose und Gemeinsamkeit in der winterlichen Schneelandschaft, die Duldsamkeit, die abverlangt wird, ist beim Pferd spürbar, das fast hingebungsvoll wirkt dem Manne, dem Schnee und dem grauen Himmel gegenüber.

„Tranceka“ mit der Laterne in der Hand,
Tranceka

Tranceka, 1935
eingehüllt im tiefen Blau mit der blauen Schürze, blickt sie ruhig in den Stall, vielleicht noch ein letzter Blick, bevor sie sich zur Ruhe begibt.

Auch der Tod hat seinen Platz, wird nicht verbannt, fast heilig ist das Bild „Abschied“ des kleinen Mädchens mit dem weißen Blumenkranz auf blondem Haar. Kann den Schmerz der Mutter nicht mehr spüren. Mutter hält noch ihr Kind, will es nicht verlieren. Den Kopf geneigt und mit ihrer Hand das Mädchen umschlungen. Das unfaßbare noch nicht spürend. Nur den Schmerz des Augenblicks. Wenn der Tod in das schwarze Licht gleitet, so gleiten wir mit Werner Berg in das Nächtliche, wo jenes
Strohblumen und Wintermond

Strohblumen und Wintermond, 1953
Schwarz durch die „Klangfarbe“ des Lebendigen ausgelöscht wird.

Hier verweilt man vor jedem Bild, spürt man den Klang der Farbe wie bei „Strohblumen und Wintermond“. Hinter den Bäumen schmiegt sich der Mond, erhellt den Wald und wird aufgefangen vom Licht der Stube, deren Fenster auf dem die Strohblumen stehen, das Licht hinausdrängen lassen.

Die „Thomasnacht“ die geheimnisvolle lange Nacht, hat nichts Geisterhaftes. Hier werfen die Bäume lange, schräge Schatten im Mondlicht. Der Weg und die Landschaft sind eingetaucht in Licht, ohne die Eigenschaften der Nacht zu verlieren. Der Schnee reflektiert und verstärkt die Helligkeit. Der Weg, leicht geschwungen, verliert sich hinter der kleinen Anhöhe und führt doch letztendlich nach Hause.
Thomasnacht

Thomasnacht, 1962
Unberührte stille, klare, winterliche, monddurchflutete Nacht. Eine heilige Nacht, eine stille Nacht. Die Realität dieser Nacht steht dem Aberglauben gegenüber, den Geistern und dem Spuk in den Köpfen der Menschen. „Für mich als Maler ist und bleibt das nie zu Ende gehende Durchdringen meiner Welt“, sagte Werner Berg. Und man hat Einblick in seine Welt. Dieser Winternacht steht die „Sommernacht“ gegenüber. Das satte grün der Wiesen, dazwischen ein Weg zu einem Hof, wo ein Fenster hell beleuchtet den Anziehungspunkt bildet. Es ruht hier die Nacht. Unaufdringlich, sacht. Man kommt nach Hause, man wird erwartet.
     

Werner Berg
Werner Berg wird am 11.April 1904 in Elberfeld, einem Teil des heutigen Wuppertal in (Deutschland), als jüngstes von vier Kindern geboren, wo er später auch das Realgymnasiumbesucht. Bereits damals entstehen neben der Schule erste Zeichnungen und
Sommernacht

Sommernacht, 1958
Aquarelle. Er ist etwa 10 Jahre alt, als sein Bruder Alfred im Krieg fällt. Sein Vater stirbt kurz darauf, auch niedergeschlagen durch den schweren Verlust Trotz seines innigen Wunsches, Maler zu werden, beugt er sich den Gegebenheiten in der schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und nimmt Arbeit in einer Fabrik an.

1923 entschließt er sich, ein Studium der Handels- und Staatswissenschaften an der Universität in Köln zu beginnen. Seine Mutter betreibt – mit Erfolg – ein Spielwarengeschäft, das ein wenig des früheren Wohlstandes zurückerobern läßt. Der mittlerweile 20jährige kann sein Studium nicht nur fortsetzen, er kann dies sogar im fernen Wien bei Othmar Spann tun. Und dort lernt er, im Dezember 1924, Amalie „Mauki“ Kuster kennen, die später seine Frau werden sollte. 1927 promoviert er mit seiner Dissertation: „Das kinetische Problem in Gesellschaft, Staat und Wirtschaft“ mit Auszeichnung zum Doktor rerum politicum. Auch seine Weggefährtin und spätere Frau Mauki beendet ihr Studium der Staatswissenschaften erfolgreich.

Nun entschließt er sich und gibt seinem inneren Drängen nach: Anstatt die sich bietende Universitätslaufbahn einzuschlagen, beginnt er mit dem Studium der Malerei an der Wiener Akademie bei Karl Sterrer, wechselt später an die Münchner Akademie, wo er als Komponierschüler von Karl Caspar und ein Meisteratelier erhält. In Wien habe er zeichnen gelernt, sagte er, stur und streng. In München hingegen würde „gesäbelt“ und „gemoln“ werden.

 

Werner Berg

Flucht, Anna Selbdritt, Heilige Famile-1933
(150x120cm), Simeon und Christi Geburt-1933 (75x95cm)


Werner Berg besucht seinen Jugendfreund Kurt Sachsse in Kärnten, der, selbst Dichter, ein landwirtschaftliches Praktikum absolviert. Berg ist von Kärnten, vor allem der Gegend um den Klopeiner See, wo er in den Ferien arbeitet, begeistert. Mit Kurt Sachsse wird der Plan gefaßt, sich gemeinsam in Kärnten anzusiedeln und einen Bauernhof zu bewirtschaften.

Werner Berg heiratet Amalie „Mauki“ Kuster. Sie wohnen in München, verbringen jedoch mehrere Monate in Kärnten um eine geeignete Landwirtschaft ausfindig zu machen. Am 6. Oktober 1930 kommt es zum Ankauf des Rutarhofes, einer entlegenen Bergwirtschaft im Grenzgebiet Südkärntens.

Nach einiger Zeit baut sich Werner Berg über einem alten Schafstall ein Atelier. Es folgen erste Ausstellungen im Städtischen Museum in Elberfeld und im Essener Folkwang Museum. Werner Berg bricht radikal mit der Münchner Malweise, besucht Emil Nolde in Berlin und fühlt sich durch ihn zum Bildhaften angeregt und ging zum Kreidegrund über, der eine besondere Bedeutung hat, weil die Farbe in die Fläche eingesogen wird – „viele Nuancen gehen in der Fläche zusammen und geben dadurch einen besonderen Gegensatz, aber auch eine große Leuchtkraft, besonders im Dunkeln der Farbe“, erklärte Berg.

Emil Nolde und dessen Frau Ada fördern den jungen Künstler freundschaftlich und machen ihn auch mit dem Berliner Maler Werner Scholz bekannt.

In den folgenden Jahren beteiligt sich Werner Berg an vielen Ausstellungen und präsentiert seine Werke auch in Einzelausstellungen, darunter auch in der Wiener Secession. 1936 erhält auch die Münchner Pinakothek eine Auswahl von Bildern, um daraus anzukaufen. Der schon beschlossene Ankauf wird nach heftigen Auftreten eines Referenten im Propagandaministeriums wieder rückgängig gemacht. Werner Berg wird aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen, was die Untersagung der Berufsausübung mit völligem Ausstellungs- und Malverbot in Deutschland bedeutet.

Durch viele Rückschläge und die völlig erloschene Möglichkeit mit seinen Bildern aufzutreten, gerät Berg 1937 in eine tiefe Schaffenskrise. Nach dem Anschluß Österreichs wird die Ausstellung „Entartete Kunst“ auch in Wien gezeigt. Auch Werner Bergs Bild „Nächtliche Scheune“ ist in dieser die Moderne verhöhnenden Auswahl dabei.

1938 wird Werner Berg in St. Johann in Tirol als Sanitäter ausgebildet und kann damit den Waffendienst vermeiden. Kurz nach seiner Einberufung wird Werner Berg, auf persönlichen Intervention eines, von seiner Kunst beeindruckten, hohen Offiziers als Maler nach Norwegen abkommandiert, landet dann aber später in Finnland. Dieser Aufenthalt, der den ganzen Krieg über dauert, prägt das Werk Werner Bergs, er arbeitet im letzten Kriegsjahr hauptsächlich mit Ölfarben auf Papier.

Die Werner Berg Galerie in Bleiburg

Das Museum
Auf Anregung des Lebzelters Gottfried Stöckls stellte die Stadt Bleiburg 1968 ein freigewordenes Haus am Hauptplatz für die Errichtung einer städtischen „Werner-Berg-Galerie“ zur Verfügung. Nach mehreren Erweiterungen und Umgestaltungen bietet es eine umfassende Werkschau des großen Künstlers – in professionellem Rahmen und bester Ausstattung.
Foto: Österreich Journal
In den Nachkriegsjahren ist Werner Bergs Arbeit sehr durch die enormen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Malmaterial behindert. Farben und Papier sind kaum zu bekommen und wenn, meist von minderer Qualität.

Schließlich wendet sich Werner Bergs Schicksal. Die neue Heimat, er erhält die österreichische Staatsbürgerschaft, beginnt seine Fähigkeiten zu entdecken – dies hier zu beschreiben würde mehrere Seiten brauchen.

Viele Reisen prägen die folgenden Jahre, von denen er Unmengen an Eindrücken mitbringt und umsetzt. Wesentlichen Einfuß haben aber seine unzähligen Radfahrten vom Rutarhof aus. Werner Berg führt immer eine Aktentasche mit sich, in der die wichtigsten Utensilien griffbereit sind. An den Maler auf dem Fahrrad erinnern sich viele Südkärntner gerne zurück.

In seinem Œuvre finden sich Holzschitte, natürlich Ölbilder, Ölskizzen, Aquarelle und Zeichnungen. Auch sind viele Skizzen erhalten und zu besichtigen.

1981 erhält Werner Berg das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.

Am 7. September 1981 Jahres wird Werner Berg tot in seinem Atelier am Rutarhof aufgefunden.

     
Werner Berg Galerie der Stadt Bleiburg
10. Oktober-Platz 4
A-9150 Bleiburg
Telefon: ++43 / (0)4235 / 2872 oder Telefon: ++43 / (0)4235 / 2110-0
Telefax: ++43 / (0)4235 / 2110-22
E-Mail:
bleiburg.markt@ktn.gde.at
http://www.berggalerie.at

Die Werner Berg Galerie ist von Anfang Mai bis Mitte November geöffnet. Sonderführungen für Gruppen auch außerhalb der Öffnungszeiten auf Anfrage möglich!
Mi-So: 10-12 Uhr und 14-17 Uhr
Di: 14-17 Uhr, Mo : Ruhetag

Informationen zur Gemeinde Bleiburg finden Sie unter
http://www.bleiburg.at

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